Am 12. August 2020 berichtete die Offenbach Post im Rahmen des Tages der Jugend über die politischen Jugendorganisationen in Mühlheim, darunter die GRÜNE JUGEND Mühlheim. Hier die ausführlichen Antworten auf 16 Fragen, die uns seitens der Offenbach Post gestellt wurden.
1. Wie viele seid ihr in eurer Organisation?
Lasse Westphal: Seit unserer Gründung im letzten Jahr haben wir mittlerweile 10 aktive und stimmberechtigte Mitglieder. Jedoch haben wir einen größeren Kreis an Interessierten, die regelmäßig aktiv an unseren Treffen und Aktionen teilnehmen – auch ohne Parteibuch. Interessierte können sich bei uns ganz ungezwungen einbringen – bei bestimmten Themen oder Veranstaltungen. Auch unser „grünes“ Umfeld wächst – im Kreis Offenbach haben sich mehrere weitere Ortsverbände der Grüne Jugend gegründet, die zusammen einen der mitgliedsstärksten Kreisverbände bilden. Dass sich uns in Mühlheim und im Kreis Offenbach schon so viele politisch engagierte junge Menschen angeschlossen haben, verleiht uns zusätzlichen Abtrieb.
2. Wie oft trefft ihr euch und wo?
Tim Rieth: Mindestens viermal im Jahr finden unsere offiziellen Mitgliederversammlungen statt, an denen mit Tagesordnung diskutiert wird und offizielle Wahlen stattfinden. Leider steht uns hierfür kein städtischer Raum zur Verfügung, weshalb wir uns in verschiedenen Restaurants, Kneipen oder auch mal im Grünen treffen. Jedoch treffen wir uns deutlich häufiger in ungezwungenem Rahmen: Wir haben schon ein Picknick im Bürgerpark veranstaltet, sind gemeinsam zu Demonstrationen gefahren und zurzeit veranstalten wir eine Kneipentour, an der wir Geselligkeit und Politik verbinden. Natürlich mussten wir – und müssen wir immer noch – während der Coronakrise unsere Treffen durch Videokonferenzen, Telefonate und WhatsApp-Chats ersetzen. Es ist also meist abhängig davon, was gerade ansteht und welche Aufgaben auf die GRÜNE JUGEND zu kommen. Wir als Vorstand sind stetig im Austausch, schreiben Pressemitteilungen, planen Aktionen und vieles mehr. Unseren Mitgliedern versuchen wir mindestens einmal im Monat eine Aktion anzubieten, wie z.B. letztes Jahr unser Picknick im Park. Nun steht schon bald unserer einjähriges Jubiläum an, dass wir gemeinsam mit Mitgliedern der GRÜNEN in Mühlheim und der GRÜNEN JUGEND im Kreis Offenbach feiern wollen.
3. Wie sieht euer politischer Alltag aus? Welche Aufgaben und Pflichten stehen für euch regelmäßig an?
Kristina Braun: In unserem Alltag versuchen wir vor allem auf Themen und Beobachtungen in Mühlheim zu achten, die störend wirken oder noch verbessert werden könnten. Zudem fragen wir regelmäßig bei Mitgliedern, Interessierten und allen Bürgerinnen und Bürgern nach, welche Anliegen sie haben. Anhand dieser Punkte stellen wir fest, was in Mühlheim noch fehlt oder wo es Verbesserungspotential gibt. Natürlich liegt unser Fokus besonders auf den Bedürfnissen junger Menschen. Hier sehen wir bspw. noch mehr Potenzial für Begegnungsorte in ganz Mühlheim, die Jugendlichen einen Raum bieten und gleichzeitig Anwohner*innen nicht stören. Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche in Mühlheim eine Stimme bekommen und aktiv über ihre Zukunft mitentscheiden können. Eine Pflicht gibt es bei uns letztlich nie – ist unser Engagement doch nach wie vor ehrenamtlich und freiwillig.
4. Wie wird man bei euch Mitglied? Wo muss man sich melden? Was sollte man mitbringen?
Lasse Westphal: Am besten einfach vorbeischauen und sich selbst ein Bild davon machen, wie unsere Treffen und Aktionen aussehen. Gerne kann man sich auch über Instagram oder auf Facebook bei uns melden. Natürlich kann man auch einfach direkt das Mitgliedsformular ausfüllen unter gruene-jugend.de/mitglied-werden – dann kommen die ersten Mails von selbst. Voraussetzungen gibt es hierzu kaum – man darf das 29. Lebensjahr nicht überschritten haben und nicht bereits Mitglied einer anderen Partei sein. Uns reicht die Überzeugung, unsere Welt ökologischer, weltoffener, sozial gerechter und solidarischer gestalten zu wollen! Wenn man möchte, kann man auch gleich direkt zusätzlich Mitglied unserer ‘Mutterpartei’ Bündnis90/Die Grünen werden – muss man aber nicht.
5. Wie seid ihr zur Grünen Jugend gekommen?
Tim Rieth: Tatsächlich gab es bis vor einem Jahr gar keine Grüne Jugend in Mühlheim. Letztes Jahr ist einigen junge Mühlheimer*innen aufgefallen, dass es in Mühlheim an einer politischen Beteiligungsmöglichkeit für Jugendliche fehlt, die unsere Stadt ökologischer, weltoffener, sozial gerechter und solidarischer gestalten kann. Uns so kamen sie auf die Idee gemeinsam mit jungen Mitgliedern der ‘Mutterpartei’ Bündnis 90/Die Grünen die Grüne Jugend Mühlheim zu gründen. Danach traf man schnell auf Gleichgesinnte.
6. Warum habt ihr euch gerade für die Grüne Jugend entschieden?
Lasse Westphal: Ich habe mir irgendwann überlegt, dass ich nicht immer nur über die Politik meckern, sondern auch selbst aktiv mitgestalten will. In der Grünen Jugend habe ich die größten Schnittmengen gesehen. Mir gefällt die Konsequenz bei der Grünen Jugend in der Klimafrage sowie die offene, basisdemokratische und konsequent paritätische Struktur. Bei den Jusos als zweite große „linke“ Volkspartei habe ich das nicht vorgefunden. Da es hier dennoch viele Überschneidungen gibt, habe ich keinen Zweifel daran, dass wir inhaltlich zusammen- und nicht gegeneinander arbeiten sollten, gerade auf Ortsebene.
7. Wie eng ist die Bindung an die Partei und die Stadtverordneten?
Melvin Macaluso: Durch die “doppelte” Funktion von Tim Rieth und mir im Vorstand der Grünen Jugend sowie im Vorstand der Bündnisgrünen besteht allein durch die Funktionen eine enge Bindung an die Mutterpartei. Mit der Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung stehen wir regelmäßig im Austausch, sei es bei Mitgliederversammlungen oder durch persönlichen Kontakt. Hier sitzen zudem ebenfalls mit Simon Stübinger und Daniel Schneider zwei Mitglieder der Grünen Jugend. So konnten wir im vergangenen Jahr beispielsweise zwei Ideen bezüglich Fahrradstellplätzen sowie einem Call-a-Bike-Service am Bahnhof an die Fraktion herantragen, die in einem Antrag formuliert und von der Stadtverordnetenversammlung angenommen wurden. Grundsätzlich gehört die GRÜNE JUGEND somit auch zum aktiven Kern der Bündnisgrünen. Dennoch verstehen wir uns als eigenständige Struktur, die im richtigen Moment auch als kritische Stimme auftreten und einige Themen neu- und weiterdenken kann.
8. Wie oft besucht ihr Stadtverordnetenversammlungen oder Ausschusssitzungen?
Melvin Macaluso: Wir haben es uns bei unserer Gründung zum Ziel gesetzt, dass immer mindestens ein Mitglied der Grünen Jugend eine Sitzung der Stadtverordnetenversammlung besucht. Das ist uns bis auf eine Ausnahme bisher immer gelungen. Auch in Ausschüssen waren wir bereits anwesend, wenn uns wichtige Themen auf der Tagesordnung standen. Nur so können unsere Diskussion fundiert und differenziert geführt werden und nicht an der Mühlheimer Realität vorbeigehen. Natürlich können sich einige Mitglieder zudem durchaus vorstellen, einmal selbst für die Stadtverordnetenversammlung zu kandidieren.
9. Ist dafür eine spezielle Vorbereitung notwendig?
Kristina Braun: Den Neumitgliedern fiel es zu Beginn schwer, alle Abläufe und Strukturen der Stadtverordnetenversammlung zu verstehen. Hier mussten die Fraktionsmitglieder bei persönlichen Gesprächen an der ein oder anderen Stelle helfen. Inzwischen sind die meisten jedoch gut mit den Abläufen im Stadtparlament vertraut und besuchen Sitzungen ohne große Vorbereitung.
10. Wie haltet ihr euch bei den aktuell diskutierten Themen auf dem Laufenden?
Melvin Macaluso: Informationen zu diskutierten Themen brechen manchmal von allen Seiten auf uns herein. Wir persönlich informieren uns über die lokale Presse, aber auch über Social Media und bekommen Informationen über Mailverteiler. Oftmals wurden diese dann jedoch bereits auf persönlichem Wege an uns herangetragen. In Mühlheim ist schließlich immer viel los.
11. Welche Themen liegen euch besonders am Herzen und warum?
Tim Rieth: Für uns ist der Klimawandel mit seinen fatalen Auswirkungen sowie der Umweltschutz von großer Bedeutung. So ist es uns beispielsweise ein besonderes Anliegen, dass Radwege ausgebaut und der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad erleichtert wird. Konkret wollen wir vor Ort jedoch auch insbesondere etwas für junge Menschen tun, seien es Freizeitangebote, politische Teilhabe oder Information. Hierbei spielen soziale Themen sowie die allgemeine Stadtentwicklung für uns eine große Rolle.
12. Welche Aktionen habt ihr bereits initiiert, was habt ihr noch vor?
Tim Rieth: Unsere bisher größte Aktion war die von uns initiierte und durch das Bündnis ‘Bunt statt Braun’ unterstütze Kundgebung “Mühlheim gegen Rassismus – gemeinsam für Vielfalt und Akzeptanz”. Hier haben wir es geschafft mit über 70 Teilnehmer*innen ein Zeichen zu setzen und über Alltagsrassismus in unserem Umfeld zu informieren. Und auch trotz des parteipolitisch eingefärberten Gegenwindes von Nicht-Anwesenden halten wir erst Recht an unseren weltoffenen und solidarischen Grundwerten fest. Neben den klassischen Aktionen, die wir gemeinsam mit unserer Mutterpartei auf die Beine gestellt haben und auch stellen werden – Infostände, politische Wanderungen, … – sind wir gerade dabei eine Fahrradtour zu organisieren: Am 06. September 2020 wollen wir zeigen, dass es endlich den Radschnellweg Hanau-Mühlheim-Offenbach-Frankfurt braucht. Mit unseren Aktionen wollen wir auf Missstände aufmerksam machen, Bewusstsein schaffen und etwas ändern. Zudem ist unsere Kneipentour durch die Lokale und Gaststätten Mühlheims in vollem Gange.
13. Wie würdet ihr Mühlheim in eurem Sinne lebenswerter gestalten?
Lasse Westphal: Mühlheim kann mehr tun und muss auch mehr tun. Wir als GRÜNE JUGEND setzen uns insbesondere für die Anliegen junger Menschen ein, die im Stadtgeschehen Gehör finden müssen! Wir kämpfen daher für mehr Begegnungsorte, mehr Aufenthaltsqualität und Kontaktangebote für jung wie auch alt. Wir wollen, dass die Stadt durch Begrünung und Fahrradwege grüner wird und insbesondere im Stadtkern innovative Ideen mitgedacht werden. In Lämmerspiel wird diese einmalige Chance eines Stadtkerns wahrscheinlich verspielt!
14. Wie beurteilt ihr das politische Klima in Mühlheim?
Melvin Macaluso: Das politische Klima bei den „Mutterparteien“ in Mühlheim haben wir, insbesondere was die Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung betrifft, als schwierig kennengelernt. Leider mussten wir die Erfahrung machen, dass strategische oder persönliche Differenzen teilweise einer inhaltlichen Zusammenarbeit im Weg stehen. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass sich das ändert und künftig das Wohl der Mühlheimer*innen bei jeder politischen Entscheidung im Vordergrund steht. Dies stand für uns nicht bei allen Entscheidungen im Vordergrund. So fragen wir uns beispielsweise: Warum ist Mühlheim noch immer keine Klimakommune, wieso kein sicherer Hafen? Warum haben wir kein konsequentes städtebauliches Konzept wie in Offenbach, dass soziale und infrastrukturelle Faktoren mitdenkt, statt die Planung Investoren zu überlassen? Wieso fehlte der Stadt Mühlheim der Wille, sich für eine Fährverbindung einzusetzen?
15. Was müsste passieren, damit noch mehr Jugendliche/junge Menschen sich für Politik interessieren?
Kristina Braun: Zum einen kann hier Repräsentation eine wichtige Rolle spielen. Momentan sind viele Kommunalparlamente, aber auch Landtage oder der Bundestag überaltert. Wenn hier junge Menschen in die erste Reihe rücken, könnte dadurch eine “Kettenreaktion” ausgelöst werden. Zum anderen beginnt politische Bildung in der Schule: Hier muss dem Schulfach Politik und Wirtschaft eine größere Rolle zukommen. Ein solches Fach, das jede und jeden betrifft, sollte in keinem Bundesland abwählbar sein und gar als Hauptfach in Betracht gezogen werden. An Bewegungen wie Fridays for Future oder auch Black Live Matter Bewegung sehen wir, dass junge Menschen über verschiedene Zugänge wieder politischer werden. Das Bild unserer Parlamente muss sich ändern – wir haben noch immer zu wenige Migranten und Migrantinnen, zu wenige Frauen und zu wenige junge Menschen in unseren Parlamenten.